Neulich hatte ich eine Klientin im Gespräch. 29 Jahre alt, aus Hamburg, Absolventin der Kommunikationswissenschaften und im Marketing tätig.
Ihr Team bestand aus 4 Kolleginnen. Mit ihnen und ihrem Vorgesetzten war das Verhältnis scheinbar gut. Und auch in der Firma, so erzählte sie mir, war sie akzeptiert und beliebt. Zu einem gewissen Preis, wie sich herausstellen sollte.
"Ich kann einfach nicht für mich einstehen!", offenbarte sie. Ihr Gesicht sprach Bände der Verzweiflung.
"Was meinst Du damit?", fragte ich nach.
"Nun, ich habe total Schwierigkeiten damit, Nein zu sagen. Egal, ob es um einen Gefallen für meine Kollegin geht oder Überstunden zu machen - ich lehne nie ab.
Schließlich möchte ich teamfähig sein, richtig? Ein Nein empfände ich als unhöflich und unsozial." Sie wirkte frustriert.
Ich fragte: "Gibt es denn ein Ungleichgewicht, wer für wen wie oft einspringt?"
"Nun ja, ich bin objektiv tatsächlich viel hilfsbereiter", entgegnete sie.
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Als Coach sehe ich hier mehrere Anknüpfungspunkte. Auf Teamebene kann ich zum Thema machen, nach welchen Regeln Überstunden im Team angeordnet werden. Weiterhin wäre interessant, ob es im Team Spielregeln der Zusammenarbeit gibt, nach denen um Hilfe gebeten wird. Ich sah den Konflikt jedoch an einer anderen Stelle.
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So fragte ich sie: "Wie erlebst Du das denn innerlich, wenn eine Kollegin Dich um einen Gefallen bittet und Dein Terminplan ein Ja eigentlich nicht zulässt?"
"Wie ich das innerlich erlebe? Nun, ich bin dann so zerrissen, weil ich genau weiß, welchen Stress ein 'Ja, klar' für mich bedeutet. Und gleichzeitig würde ich mich super schuldig fühlen, Nein zu sagen. Ich komme mir klein und erstarrt vor."
Ich hakte nach: "Und wie reagierst Du körperlich?"
"Nun, mein Kopf wird heiß, meine Hände werden schwitzig und mein Herz fängt an zu pochen. Ach ja, und meine Kehle wird eng, als ob sie vermeiden wollte, dass ich ein Nein hervorbringe! Stattdessen quäke ich 'Ja, klar'. Es ist schrecklich." Sie wirkte deprimiert.
Jetzt ging es ans eingemachte: "Wenn Du DIch nun in Dein Gefühl und Deine Empfindung hineinbegibst, wann hast Du Dich denn früher bereits so gefühlt?"
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Kennst Du solche oder ähnliche Situationen, in denen Du nicht für Dich einstehen kannst? Und das, obwohl andere anscheinend keinerlei Schwierigkeiten mit einem 'Du, sorry, aber...' haben? Ziemlich frustrierend, nicht wahr?
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Man nennt ein solches Erleben Innere Ambivalenz.
Meiner Klientin gelang es unter meiner Anleitung, eine ähnliche Situation ihrer Jugend neu zu verarbeiten und sich damit innerlich zu stärken. Im Anschluss erarbeiteten wir geschäftstaugliche Formulierungen für ein 'Nein, danke' und übten kommende Situationen in einem systemischen Rollenspiel ein.
Wenn Du immer wieder an einer Inneren Ambivalenz leidest, empfehle ich Dir folgendes:
Schreibe in einem ersten Schritt Deine beiden Motivationen auf ein Blatt Papier. "Einerseits möchte ich..." und "Auf der anderen Seite ist mir wichtig, ..." oder ähnlich. Dies ist ein erster Schritt in Richtung Klarheit. Außerdem kann es eine gute Grundlage für ein geschäftstaugliches 'Nein, danke' sein.
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Wenn es Dir sehr schwerfällt, Nein zu sagen und Du lernen möchtest, ohne schlechtes Gefühl für Dich einzustehen, kannst Du etwas tun. Suche Dir einen Coach - mich zum Beispiel :-) Wir können gerne in einem unverbindlichen Kennenlernen über Dein Thema sprechen und sehen, was ich für Dich tun kann!
Herzlich
Michael